Matthias Horx:

Matthias Horx eröffnete als Keyspeaker den ersten Tag der BIGGEXCHANGE. Der einflussreichste Trend- und Zukunftsforscher im deutschsprachigen Raum sprach über „Die Macht der Megatrends – Wie Digitalisierung, Urbanisierung und NEO-Ökologie unsere Welt zum Besseren verändern“.

In seinem Vortrag erläuterte er die verschiedenen Megatrends, die „Blockbuster der Veränderung“, die langfristig, tiefgreifend und robust sind sowie miteinander in einer Wechselwirkung stehen. Urbanisierung, Mobilität oder Konnektivität zählen beispielsweise dazu. Jeder Trend wirke jedoch auf ein bestehendes System ein und erzeuge dadurch einen Gegentrend, so Horx. Diese Synthese aus Trend und Gegentrend zeige sich zum Beispiel in Bewegungen wie dem „Sozialen Individualismus“, bei dem Menschen ihre Eigenheiten nicht aufgeben, trotzdem aber in Gemeinschaften zusammenleben wollen. Hier würden sich auch für die Bauindustrie viele neue Möglichkeiten bieten.

In diesem Zusammenhang stellte er das „Future Evolution House“ vor, das er selbst mit seiner Familie in der Nähe von Wien bewohnt. „Dieses ist kein Smart Home im Sinne der Vollautomatisierung von Funktionen, sondern vielmehr ein Zuhause, dass sich an menschlichen Beziehungen orientiert“, erklärte Matthias Horx. Die klassische Aufteilung – Wohnzimmer, Küche, Bad, Schlafzimmer – wird hier derart verändert, dass sie sich an den individuellen Bedürfnissen der einzelnen Familienmitglieder orientiert.

Wie wird nun die Zukunft beispielsweise im Bereich Bauen aussehen? Laut Matthias Horx folgte in der Vergangenheit auf den Megatrend „Urbanisierung“ – der zurzeit beinahe überall auf der Welt zu finden ist – immer wieder der Gegentrend „Heimatsehnsucht“. Schon heute ließen sich urbane Regionen in der Zwischenform von Dorf und Stadt erkennen, die jeweils ihre eigenen Charakteristika besitzen würden. Zudem würde natürlich die Digitalisierung einen immer wichtiger werdenden Stellenwert einnehmen – allerdings würden langfristig mehr Jobs durch die Automatisierung in bestimmten Bereichen entstehen als wegfallen. Aber: „In diesem ganzen Prozess sind wir gerade erst angekommen und wir selbst entscheiden darüber, wie es weitergeht“, erklärte der Zukunftsforscher in seinem Schlusswort.

Hier können Sie die Präsentation „Die Macht der Megatrends“ im PDF-Format herunterladen.

Dr. Alexander Rieck:

Dr. Alexander Rieck sprach auf der BIGGEXCHANGE zum Thema „Future Construction Digital – Wie sich das Bauen im digitalen Zeitalter ändern wird“. Der Partner und Direktor des internationalen Architekturbüros Lava, der außerdem am Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation in Stuttgart forscht, stellte zu Beginn seines Vortrags klar: „Wir haben eine Baubranche, die in den letzten 20 Jahren nicht produktiv gewirtschaftet hat. Statt in neue Planungsmethoden wurde in billige Arbeitskräfte investiert. Das müssen wir ändern.“ Dies könne mit nonlinearen Planungen gelingen. Statt geradlinig an eine Aufgabe heran zu gehen, müssten alle Eventualitäten parallel geprüft werden, um dann zu sehen, was die beste Planung für die Aufgabenstellung sei. „Dafür brauchen wir die passenden Werkzeuge“, so Rieck. Building Information Modeling (BIM) sei hier eine Möglichkeit, allerdings bei weitem nicht die einzige. „Wir sehen nur die Einzelteile bei einem Bauprojekt, aber ein <System Haus> besteht aus der richtigen Zusammenzufügung von allen Elementen zusammen.“

Dr. Alexander Rieck stellte die Frage, warum auf dem Bau nicht so genau wie in der Automobil-Industrie gearbeitet werden könne. So lange Ungenauigkeiten akzeptiert würden, werde sich nichts ändern.

Zudem er erklärte er, dass wir ein Simulator-System, vielleicht basierend auf künstlicher Intelligenz, benötigen, das sich mit allen Bauregeln – von DIN-Normen bis hin europäischen Vorgaben – beschäftigt und den Planern Freiräume für kreative Arbeit bietet. Mit diesen Freiräumen müsse es dann gelingen die Baubranche wieder wirtschaftlich zu machen.

Dr. Matthias Jacob:

„Unsere Branche wird sich verändern“, stellte Dr. Matthias Jacob von der Implenia Hochbau GmbH zu Beginn seines Vortrags „Immobilien verstehen“ fest.  Airbnb beispielsweise sei der weltweit größte Anbieter für Unterkünfte ganz ohne eigene Gebäude, Paypal die am schnellsten wachsende Bank ohne eigenes Geld. „Und da soll ich glauben, dass in der Immobilien- und Baubranche alles beim Alten bleibt?“, fragte er die Besucher der BIGGEXCHANGE. Der Trend gehe immer mehr in Richtung vernetzter Baustelle, worunter auch Building Information Modeling (BIM) falle. Unter anderem stellte er 3D-gedruckte Betonhäuser und ein digitales Holzbauverfahren mit Hilfe von Robotern vor und erklärte gleichzeitig, dass bei der Nutzung neuer digitaler Methoden auch kleine Schritte wichtig seien.

Es müsse gelingen, zu einer digitalen, integralen Planung zu gelangen, so dass eine Baustelle digital gesteuert werden könne. Am Ende ständen dann auch digitale Produkte. Um auf Missstände im Bau hinzuweisen lieferte er folgendes Beispiel: „Was macht der Automotive-Bereich bei der Inspektion? Er schaltet einen Laptop an. Was macht der Bau? Er klopft die Wände auf und schaut, wo der Wasserschaden ist. Genau das zeigt, dass wir über den Tellerrand hinausschauen müssen.“ Und weiter: „BIM ist kein Hexenwerk, aber zum ersten Mal die Chance, dass alle Beteiligten gleichzeitig mit der gleichen Datenbasis arbeiten können.“ Aus seiner Erfahrung könne er sagen, dass die Projekte mit BIM-Unterstützung – sowohl in Bezug auf Qualität als auch auf die Einhaltung von Terminen und Kosten – effektiver gelaufen seien.

Neben der passenden Software und der Einhaltung von Richtlinien sei das Wichtigste an der Einführung von BIM, dass es „Change Management pur“ sei. Unsere Arbeitsweise müsse sich ändern und wir müssten uns von der „Krankheit Excelitits“ verabschieden. „Es ist an der Zeit die Komfortzone des bekannten Geschäfts zu verlassen und sich in einen fehleranfälligen Lernprozesse zu begeben, der am Ende dafür sorgen muss, dass das Unternehmen auch in 50 Jahren noch existiert“, schloss Jacob seinen Vortrag mit einem Zitat von Viktor Weber, Leiter des Future Real Estate Institute, Regensburg.

Hier können Sie die Präsentation „Immobilien verstehen“ im PDF-Format herunterladen.

Prof. David Chua Kim Huat:

Mit dem Thema „Fertigungs- und montagsgerechte Produktgestaltung mit BIM” beschäftigte sich Prof. David Chua Kim Huat in seinem Vortrag. Er stellte zunächst eine Studie der National University und der Building and Construction Authority of Singapur vor, bei der 150 Technologien und Anwendungen identifiziert und analysiert wurden. Laut dieser Studie ist Building Information Modeling (BIM) eine der wichtigsten Technologien der Zukunft. Ebenfalls einen hohen Stellenwert nehme neben vorgefertigten Bauteilen und IoT (Internet of Things) auch LEAN Construction ein, denn: „Technologie allein kann nicht die Veränderungen bewirken“, erklärte Prof. Chua.

In Singapur setze man im Bereich Bauen auf “Integrated Construction and Prefabrication Hub” (ICPH). Hierbei stehen ein hoher Grad an Mechanisierung und Automatisierung sowie vorgefertigte Bauteile im Fokus. Beim Design, der Konstruktion und der Produktion setze man auf DfMA (Design for Manufacture and Assembly), um Ineffizienzen zu identifizieren und zu eliminieren. „Dies alles können wir mit BIM machen, denn dieses Werkzeug liefert uns alle wichtigen Daten“, so Chua.

Zahlreiche Praxisbeispiele unterstrichen seinen Vortrag. Beispielsweise berichtete Prof. David Chua Kim Huat über den Bau des Hotels Crowne Plaza Changi Airport, bei dem dank der genannten Methoden in nur 26 Tagen über 240 Zimmer gebaut sowie 40 Prozent Arbeitskräfte und 17 Prozent Zeit eingespart werden konnten.

Am Ende seines Vortrags fasste Prof. Chua zusammen: „Die Zukunft des Bauens liegt im Bereich der Vorfertigung mit integriertem BIM und LEAN Construction. Dabei bildet BIM den Kern eines integrierten Gebäudeinformationssystems, das die Zusammenarbeit in Konstruktion, Produktion, Logistik und Bauwesen erleichtert. BIM ermöglicht die Automatisierung für die Fertigteilproduktion (bei ICPH) und die Montage (vor Ort) und erleichtert eine Optimierung der Prozesse.“