Arab Hoballah:

Mit Arab Hoballah startete der zweite Tag der BIGGEXCHANGE. Er sprach zum Thema Klimawandel und Ressourceneffizienz und begann seinen Vortrag mit einigen Fakten: „Nach Zahlen der Vereinten Nationen ist der Bausektor für über ein Drittel der weltweiten Kohlendioxid-Emissionen verantwortlich und produziert mehr als ein Drittel des weltweiten Mülls. Außerdem wird mehr als ein Drittel aller Energie- und Materialressourcen zum Bau und Unterhalt von Gebäuden genutzt“, so der Teamleiter von SWITCH-Asia SCP Facility, einem EU-Projekt zur Förderung von nachhaltigem Konsum und nachhaltiger Produktion in ganz Asien. „Wenn wir die Fehler, die wir bisher gemacht haben, weiterführen, werden wir niemals die gesteckten Klimaziele erreichen.“

Ein Problem, das es schwierig mache, den Bausektor „grüner“ zu gestalten, seien die vielen unterschiedlichen Beteiligten; diese müssten alle an einen Tisch gebracht werden. Aber auch politische Rahmenbedingungen, undefinierte Verantwortlichkeiten, Kosten, Zeit und die Ressourcenverfügbarkeit seinen Herausforderungen, die gelöst werden müssten. „Gebäude sind ein Schlüsselsektor sowohl für Klimaschutzmaßnahmen als auch zur Erreichung allgemeiner Ziele der nachhaltigen Entwicklung“, machte der Klimaschutzexperte deutlich. „Die Ziele des Klimawandels können ohne den Bausektor nicht erreicht werden.“

Ein notwendiger Schritt in Richtung des „grünen Bauens“ sei beispielsweise, Maßstäbe für die Energieeffizienz zu setzen, besonders im Bereich von Gebäuden mit einem großen Potential für Energieeinsparungen und Emissionsminderungen. Außerdem müsse die Zusammenarbeit zwischen den Stakeholdern verbessert, neue Technologien eingeführt und Materialien sowie Geräte mit einer höheren Effizienz genutzt werden.

Es gelte besonders, das Problem des Bauens in den Städten zu lösen. Dabei müsse es das Ziel sein, trotz eines gewaltigen „Input“, der in eine Stadt gelange (Material, Produkte, Wasser, Energie, Nahrung), weder Emissionen noch Müll zu erzeugen. „Nachhaltiger Konsum ist die effizienteste Strategie, um die entwicklungs- und umweltpolitischen Herausforderungen zu lösen“, erklärte Arab Hoballah.

Außerdem forderte er: „Die Industrieländer müssen ihren Ressourcenverbrauch reduzieren. Die Entwicklungsländer sollten ihre Ressourceneffizienz verbessern, saubere Produktionsprozesse fördern und nachhaltig konsumieren.“ Damit der notwendige Übergang hin zu mehr Nachhaltigkeit gelinge, seien folgende Schlagworte wichtig: Wissen, Innovation, Produkte, Verbraucherverhalten und das Verhalten der Regierung.

Hier können Sie die Präsentation „Klimawandel und Ressourceneffizienz –
Die Treiber für nachhaltige Gebäude“ im PDF-Format herunterladen.

Julia Goerke:

„Zertifizierungssysteme für nachhaltige Gebäude“ lautete der Titel des Vortrags von Julia Goerke von der Thinkstep AG. „Die Zahlen aus der Klimakonferenz in Bonn und der Studie der UN aus dem letzten Jahr sind ernüchternd in Bezug auf den Stand der Maßnahmen zur Reduktion der Klimagase. Es sind dringend konsequente Klimaschutzaktivitäten erforderlich“, so Goerke und erklärte weiter: „Der Bausektor spielt eine Schlüsselrolle in der internationalen und nationalen Klimapolitik, weil er – von der Errichtung eines Gebäudes über die Nutzung bis zum Abbruch – 30 bis 40 Prozent der globalen Kohlendioxid-Emissionen verursacht.“ Bis heute habe die EU Kommission zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um diesen entgegenzuwirken. Unter anderem würden Labels und Zertifizierungssysteme weiterentwickelt und nachhaltiges Bauen durch das öffentliche Auftragswesen gefördert. Dies habe zur Folge, dass mittlerweile 25 Prozent aller Investitionen in das „grüne Bauen“ fließen.

Im Anschluss stellte sie die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung des World Green Building Councils vor. Demnach werden beim nachhaltigen Bauen in die Planung Aspekte wie Gesundheit, regenerative Energie, eine grüne Infrastruktur, Kreislaufwirtschaft, weniger Emissionen, höhere Biodiversität und Langlebigkeit aufgenommen. „Das sind die Themen, die bei der Zertifizierung und Prämierung eines Gebäudes mit Gold, Silber und Bronze eine Rolle spielen“, sagte Goerke. Das Zertifizierungssystem der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) beispielsweise beschäftigt sich mit ökologischen, ökonomischen und soziokulturellen Aspekten, der technischen Qualität sowie der Prozess- und Standortqualität eines Projekts. „Die DGNB bewertet in Bezug auf die TGA-Branche zunächst passive Systeme. Hier geht es um Lüftung, Sonnenschutz und Tageslicht, aber auch den Dämmstandard sowie die passive Heizung und Kühlung.“ Weitere Punkte seien der Einsatz regenerativer Energie, eine gute Zugänglichkeit für die Anlagentechnik, das Vorhandensein integrierter Systeme zur Einbindung ins Quartier sowie die Ökobilanz und Klimaschutzmaßnahmen.

Zum Ende ihres Vortrags berichtete Julia Goerke den Gästen der BIGGEXCHANGE von der Umweltproduktdeklaration. Diese sei ein Dokument, das die Ergebnisse der Lebenszyklusanalyse eines Produktes enthalte und von der Bauproduktenverordnung empfohlen werde. Das neutrale Instrument zur Kommunikation der Umwelteigenschaften eines Produkts liefere die Grundlage für eine Gebäudeökobilanz im Rahmen der Zertifizierung nachhaltiger Gebäude und unterstütze den Zugang zu Ausschreibungen.

Hier können Sie die Präsentation „Zertifizierungssysteme für nachhaltige Gebäude“ im PDF-Format herunterladen.

Manfred Lippe:

Um den gebäudetechnischen Brandschutz als Herausforderung für die planenden und ausführenden Gewerke drehte sich der Vortrag von Manfred Lippe. Als Aufgaben des Brandschutzes definierte er nicht nur den Schutz von Leib und Leben, sondern unter anderem auch die Reduzierung von Schadenshöhen und – im Bereich der Industrie – die Vermeidung von Produktionsausfällen. Die Schnittstelle zwischen dem Hochbau und dem gebäudetechnischen Brandschutz sei ein Bereich, in dem es Schwierigkeiten geben könnte, weil sich keiner damit beschäftigen möchte. „Es ist zu kompliziert: Für den einen, sich in die Gebäudetechnik hineinzudenken, für den anderen, sich mit dem Brandschutz zu beschäftigen“, erklärte der Brandschutzexperte.

Lippe ging im Anschluss auf die rechtlichen Aspekte im Bereich Brandschutz ein. Schutzziele des Bauordnungsrechts sei es „Gebäude und Anlagen so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben, Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen, nicht gefährdet werden“. Einzuhalten seien unter anderem die Sonderbauverordnungen, eingeführte technische Baubestimmungen, Durchführungsverordnungen und Verwaltungsvorschriften. Aber: „Das deutsche Baurecht ist extrem flexibel, man muss es nur richtig handhaben“, beruhigte Lippe das Publikum. „Trotzdem müssen wir diese Regeln zusammenbringen. Das ist natürlich Aufgabe der Fachplanung.“ Wichtig sei, dass sich die einzelnen Elemente gut vertragen.

Als eine wichtige Anforderung bei der Brandschutzplanung nannte der Experte die Abschottung von Leitungsanlagen, die er anhand eines Versuchs mit Polypropylen-Rohren aus dem Hause aquatherm verdeutlichte. „Im Rahmen meiner Tätigkeit habe ich immer wieder erfahren müssen, dass sich Kunststoffrohre brandschutztechnisch besser behandeln lassen als Metallrohre, denn bei Kunststoff hat man so gut wie keine Wärmeleitung“, so Lippe. Er stellte verschiedene Abschottungsvarianten vor und erläuterte im Anschluss, welche Details bei der Planung von Rettungswegen zu beachten sind. Äußerst wichtig ist aus seiner Sicht auch die Sicherstellung des elektrischen Funktionserhalts. Bei diesem geht es darum, dass in einem Brandfall beispielsweise eine Entrauchungsanlage 90 Minuten oder eine Sicherheitsbeleuchtung 30 Minuten in Betrieb sind.

„Der gebäudetechnische Brandschutz funktioniert nur, wenn alle Funktionen aufeinander perfekt abgestimmt sind, sonst wird nichts aus der schnellen Eröffnung eines Gebäudes“, erklärte Lippe zum Abschluss.

Hier können Sie die Präsentation „Der gebäudetechnische Brandschutz als Herausforderung
für die planenden und ausführenden Gewerke“ im PDF-Format herunterladen.

Heiko Lüdemann:

Wie können Eis-Energiespeicher in Verbindung mit Kraftdächern einen Beitrag zur Energiewende leisten? Diese Frage beantwortete Heiko Lüdemann. Zunächst stellte der Geschäftsführer der Viessmann Eis-Energiespeicher GmbH einen Eis-Energiespeicher vor. „Das System speichert erneuerbare Energie verlustfrei auf geringem Temperaturniveau zwischen vier und zwölf Grad.“ Als Speichermedium wird Wasser verwendet. „Über eine Wärmepumpe entziehen wir dem Wasser Energie, es wird kälter. Wenn das Wasser eine Temperatur von 0 Grad hat, vereist es langsam. Genau bei diesem Phasenwechsel – zwischen flüssigem Zustand und Vereisung – wird so viel Energie frei, wie man benötigt, um Wasser von 0 auf 80 Grad zu erwärmen.“ Diesen Effekt macht das System nutzbar: Zunächst wird Eis kreiert, die entstehende Energie wird zum Heizen eines Gebäudes genutzt. Das Eis kann der Kunde im nächsten Sommer zum Kühlen seiner Gebäude nutzen.

In Verbindung mit dem Kraftdach, der Kombination eines Photovoltaik-Systems mit einem Solarluftabsorber, werden zwei weitere Energiequellen erschlossen und die Unabhängigkeit erhöht. „Wir kommen auf nahezu CO2-freie Anwendungen und auf eine exzellente Wirtschaftlichkeit“, so Lüdemann. Anhand von Simulationen und – bei späterem Betrieb der Anlage – realen Zahlen würde das System optimal ausgelegt und auf die jeweiligen Bedürfnisse des Kunden angepasst.

„In den vergangenen Jahren haben wir bzw. unsere Kunden mehr als 40 Innovations- und Umweltpreise bekommen“, berichtete der Experte und stellte einige Projekte vor, die diese innovative Art des Beheizens und Klimatisierens nutzen. Außerdem machte er auf die Zusammenarbeit der Viessmann Eis-Energiespeicher GmbH und der Solsixy GmbH in Stuttgart aufmerksam. Gemeinsam bieten die beiden Unternehmen eine Glasfassade mit einem Eis-Energiespeicher zur Strom und Wärmeerzeugung an.